Nicht durch die Windschutzscheibe …
Zu den Diskussionen um den Rathausplatz

von Hans-Jürgen Fuchs

Seit Wochen bewegt der Umbau des Rathausplatzes Rohrbach die Gemüter. Es gibt grob gesagt drei Positionen: die eine Position geklagt die „Verpollerung” des Rathausplatzes. Die andere befürwortet die Poller und sieht sie als Maßnahme für mehr Verkehrssicherheit im alten Kern Rohrbachs. Und die dritte Position fragt ob wir keine anderen Probleme hätten.

Und dabei sind viele Argumentationen ironisch überspitzt, wie die Aussage auf der Jahreshauptversammlung des STV Rohrbach dürfe nicht zu Pollerbach werden, manche sind auch überzogen.

Auf den RNZ-Artikel zur Jahreshauptversammlung des Stadtteilvereins folgen viele Kommentare auf der Website der Rhein-Neckar-Zeitung. „Müller” schreibt z. B.: „Der Hintergrund der Verpollerung wird hier aber leider ausgespart: Falschparker. Größere Teile von Rohrbach sind dauerhaft zugeparkt und der Kontrolldruck seitens der Stadt ist offensichtlich so gering, dass er dies nicht verhindert. Rathausstraße gegenüber Penny: kaum mehr Platz sich durchzuzwängen. Vor Post: keine Chance, zu Geschäftszeiten als Fußgänger auf dem Gehweg zu gehen. Vor Feinkostladen: ohne Poller wären wahrscheinlich auch die Bänke zugeparkt.”

Da hat er Recht. Oder sie. Seit Jahren kritisieren wir – und beim wir werfe ich nun einfach mal STV, punker und Bezirksbeirat zusammen – die Zustände in der Rathausstraße. Die Poller gegenüber Penny gäbe es z. B. ohne uns nicht. Sie verhindern nicht das Parken, aber das was es früher auch noch gab: Das schnelle auf-dem-Gehweg-fahren von Autos. Wie gesagt: Diese Poller gäbe es ohne uns nicht, den Baum am Feinkostladen gäbe es nicht, den Wochenmarkt am Rathaus – und auch den Umbau am Rathausplatz gäbe es nicht. Kann man hier nachlesen. Dort sind fast 20 Jahre Kämpfe für mehr Sicherheit für die Fußgänger dokumentiert. Da stimmt es traurig, wie schnell man ins andere Lager gesteckt wird: „Zu schade”, kommentiert „Claus” auf derselben RNZ-Website, „dass die Stadtteilvereine sogar ihre eigene Heimat nur noch durch die Windschutzscheibe wahrnehmen.”

Das tun wir ganz sicher nicht. Aber wir verschließen auch nicht die Augen, wenn es unserer Meinung nach reale Probleme gibt. Die Beschwerden der Bevölkerung landen meist beim STV, nicht bei den „Ämtern”. Darunter sind natürlich auch unsinnige. Wie jene eines Mitbürgers, der gerade um die Ecke wohnt und meint, es sei nicht möglich ohne Auto einkaufen zu gehen. Ich mache das seit Jahren mit dem Rad. Nicht immer, aber fast immer.

Aber es sind halt nicht nur unsinnige Beschwerden. Oder findet jemand es normal, dass der Platz seit Monaten fertig ist, aber überall Warnbarken herum stehen, die die Poller schützen, die die Fußgänger schützen sollen? Die noch vorhandenen Poller – nachdem weit über ein Dutzend bereits umgefahren sind … Was im Übrigen nicht gerade billig ist, denn einer dieser Poller kostet unseres Wissens über 400 Euro.

Nun tun viele so, als sei die Alternative, also das, was z. B. der STV fordert, alle Poller zu entfernen. Zum Beispiel um ein shared space Konzept zu realisieren oder negativ formuliert: um wildes Parken allüberall zu ermöglichen.

Darum geht es natürlich nicht. Wir glauben vielmehr dass es möglich ist, die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer und ästhetische Aspekte besser aufeinander abzustimmen. Es geht uns nicht um Poller oder Nicht-Poller, sondern um Überregulierungen, die die Akzeptanz des Projekt gefährden. Deshalb haben wir die Begehungen angeregt und Vorschläge präsentiert, die zwar zunächst von den städtischen Ämtern abgelehnt worden sind, nun aber vielleicht doch teilweise realisiert werden. Unsere wichtigsten Vorschläge waren:

Poller vor dem Feinkostladen

Hier hatte die ursprüngliche Planung gar keine Poller vorgesehen. Die gesetzten sind inzwischen alle umgefahren und durch Warnbarken ersetzt. Und hinter den Warnbarken wird derzeit häufig geparkt – bis direkt an die Sitzbank. Unser Vorschlag: die Poller etwa 0,5 bis 1 Meter in Richtung Sitzbänke versetzen und durch flexible Poller ersetzen. Zusätzlich sollten Pflanzkübel an der Einmündung  Amalienstraße/Rathausstraße platziert werden um illegal parkende Autos fernzuhalten.

Poller Rathausstraße westlich der Platzeinfahrt (vor der Metzgerei)

Auch diese Poller waren in der ursprünglichen Planung nicht vorgesehen. Ein großer Teil ist umgefahren. Der Vorschlag war, diese Poller ganz zu entfernen. Wir sind uns bewusst, dass nach einem Entfernen der Poller hier zu Stoßzeiten illegal geparkt werden würde. Für Fußgänger wäre trotzdem eine gefahrlose Nutzung des Bereichs möglich und die Falschparker sollten mit Strafzetteln rechnen müssen.

Poller in der Heidelberger Straße, östliche Straßenseite
Parkplatz für Menschen mit Behinderungen

Die Heidelberger Straße ist in diesem Bereich Sackgasse und verkehrsberuhigt. Fußgänger dürfen die Straße insgesamt nutzen. Poller auf beiden Seiten stehen dem ursprünglichen Konzept entgegen. Sie sind optisch eine Zumutung und zudem double bind. Man kann doch nicht signalisieren: „Das ist eine Spielstraße!” und gleichzeitig die Fußgänger auffordern aber bitte hinter den Pollern zu bleiben.

Der Parkplatz für Menschen mit Behinderungen wurde nach Norden, hinter die Einmündung zum Seckenheimer Gässchen verschoben. Dadurch werden die Nutzer gezwungen, in die enge Straße hinein und wieder heraus zu manövrieren.

Unser Vorschlag war, die Poller auf der östlichen Seite der Straße ganz zu entfernen und den Parkplatz für Menschen mit Behinderungen wieder an die frühere Stelle, gleich an der Einmündung der Heidelberger Straße zu verlegen. Letzteres wird z. Z. geprüft. Es ist noch unklar, ob die Gestaltung des Belags an dieser Stelle (hier läuft eine Regenrinne im Pflaster) für die Nutzer des Parkplatzes ein Problem darstellen würde.

Steinquader an der Ecke Rathausstraße/Heidelberger Straße

Dieser Quader ist für rückwärtsfahrende Fahrzeuge schlecht zu sehen, was bereits zu mehreren Unfällen führte. Vor Wochen wurde er aus der Verankerung. Nach einhelliger Meinung stellt der Quader eine Gefährdung dar. Der Vorschlag ist, ihn durch einen flachen, trapezförmige Aufbau zu ersetzen, etwa in der Form wie die Fußplatten der Warnbarken, die z. Z. am Platz stehen.

Nicht nur durch die Windschutzscheibe …

Das waren unsere wichtigsten Vorschläge. Ein bisschen mehr als nur ein „Weg mit den Pollern”! Es ist schon erstaunlich, wie schnell Menschen bereit sind, Schubladen zu öffnen und andere hinein zu stecken – ohne sich vorher zu bemühen, deren Argumente kennen zu lernen …

Und ein Weiteres: Der Ruf nach dem Staat, besser der Stadt, ist schnell getan. Und natürlich muss in diesem Bereich häufiger kontrolliert werden (wobei genauso viele Rohrbacher sich an zu häufigen Kontrollen stören). Aber löst das wirklich das Problem? Ich denke, es hilft und es ist notwendig. Aber es gibt m. E. trotzdem Dinge, die sich weder mit Pollern, noch mit noch so häufigen Kontrollen verhindern lassen. Denn hier geht es um Haltungen und (asoziales) Verhalten, die sich durch Kontrollen nur begrenzt ändern lassen. „Kartoffelsalat” (so nennt man sich im RNZ-Chat tatsächlich) meint: „Und anstatt dass sie sich ueber einen der coolsten Plaetze der ganzen Stadt freuen (nach einer Radabfahrt vom Kuehlen Grund war ich letzten Sonntag glatt genoetigt am neu gemachten Rathausplatz halt zu machen und ein Eis zu essen) jammern sie ueber zu viele Poller.” Machen wir nicht, lieber Kommentator. Wir arbeiten an einem noch schöneren und noch lebenswerteren Rohrbach. Und daran, dass möglichst viele die Umgestaltungen gerne mittragen.